Keine Überraschung: “Augmented Reality”-Technologien wollen unser tägliches Erleben erweitern. Wie eine rosarote Brille sollen sie funktionieren, die AR-Apps für unterwegs. Sie blenden eine zusätzliche Informationsebene zwischen der Smartphone-Kamera und der realen Welt ein. Blickt man in Richtung einer schummrigen Bar gegenüber, möchte man Foursquare-Tipps oder Warnungen eingeblendet bekommen. Die Technik soll dabei in den Hintergrund treten. Wir wollen in eine neue Welt entführt werden.
Hans-W. Gellersen zu Ubiquitäre Informationstechnologien (2000, Universität Karlsruhe):
“Die besten Technologien sind jene, die in den Hintergrund treten und mit den Abläufen, die sie unterstützen, eins werden.”
Augmented Reality Apps wie Wikitude oder Layar prahlen mit ihrer Fähigkeit, jeweils passende Zusatzinfos zu Gebäuden anzeigen zu können. Für unsere Surprise Touren haben wir das ausprobiert und die Before Sunrise Tour als AR-Ebene angelegt. Folgt man unserer Website-Statistik, werden diese Touren allerdings bis jetzt weniger direkt über die Apps abgerufen, als zuerst hier Online recherchiert und dann mit klassischem Stadtplan abgegangen (ja, es gibt Menschen, die sich unsere Anleitung als PDF herunterladen).
Vielleicht müssen wir erst auf die Datenbrille von Google warten, bis sich AR-Technik durchsetzt. Ich behaupte gerne, die derzeit verfügbaren Apps sind noch nicht ganz reif und zu unpraktisch. Bis sich eine gesuchte Informationsebene zu einer Location (oder z.B. einem Produkt in einem Geschäft) einblendet, habe ich längst intuitiv entschieden oder nutze die Zeit lieber zum Twittern
Ich will mich nicht mit Technik spielen, sondern mit meiner Umgebung, in meiner Welt. Eine Augmentation und dazu passende Games müssten für mich daher jederzeit und automatisch auf dem Handy-Display erscheinen. Mit Games-Wissenschaftler Robert Glashüttner lässt sich übrigens wunderbar über das Thema User Interfaces streiten – sind doch die wahren Computerspieler ausschließlich mit einem richtigen Hardware-Knüppel aka Joystick (heute: “Controller”) unterwegs. Wie schon Kollege Werner Reiter schreibt, bleiben von all den “smarten” Versprechungen der Hardware-Industrie meist nur hässliche Adapterstecker, Zusatzkabel und Gerätetreiber übrig. Die Blogparade von Twenty Twenty möchte wissen, wie die User Interfaces der Zukunft aussehen. Ich kann nur hoffen, man wird sie nicht mehr sehen müssen.
Dieser Text von Richard Pyrker ist ein Beitrag zur twenty.twenty Blogparade “Human Interface. Machine Interface“ und erschien ursprünglich auf surprisetours.at.